Technisch notwendige Zusatzleistungen muss der Auftraggeber auch ohne Anordnung bezahlen.
Dem Auftragnehmer steht für ohne eine Anordnung des Auftraggebers erbrachte Zusatzleistungen ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe der üblichen Vergütung zu, wenn diese Leistungen für die Erreichung des werkvertraglichen Erfolges notwendig waren.
OLG Jena, Urteil vom 9.1.2020 - 8 U 176/19
Sachverhalt:
Auftraggeber und Auftragnehmer schließen einen VOB-Bauvertrag über die Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems. Im Leistungsumfang sind technisch notwendige Baustützen nicht enthalten.
Diese baut der Auftragnehmer ohne eine diesbezügliche Anordnung des Auftraggebers ein und verlangt hierfür eine Mehrvergütung. Der Auftraggeber verweigert die Zahlung der Mehrvergütung mit dem Argument, der Auftragnehmer habe hierfür keine wirksame Anordnung von ihm erhalten.
Entscheidung:
Der Auftragnehmer erhält die Mehrvergütung für die Baustützen. Der Anspruch ergibt sich aus § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B.
Die Erbringung einer auftragslosen Leistung entspricht dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers, wenn sie für die Erreichung des Zwecks des Werkvertrages erforderlich ist. Denn in diesem Falle hätte ein Auftraggeber vernünftigerweise diese Zusatzleistung beauftragt.
RA Jungs Anmerkungen:
Die Regelungen des § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B und des § 2 Abs. 8 Nr. 3 VOB/B werden als Anspruchsgrundlage gerne übersehen. Voraussetzung ist, dass die zusätzliche Leistung dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entspricht und technisch notwendig ist. Bei § 2 Abs. 8 Nr. 3 VOB/B muss sie sogar nur interessengemäß sein. Eine Anzeige ist hier nicht erforderlich.
Es ist schwer denkbar, dass ein Auftraggeber im Bausoll nicht enthaltene Leistungen, die zur mangelfreien Ausführung aber technisch erforderlich sind, nicht beauftragt. Es gibt Kollegen, die sehen die Anwendung des § 2 Abs. 8 Nr. 2 und Nr. 3 VOB/B und damit die Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag kritisch.
Ich habe eher den Eindruck, dass Gerichte einer Argumentation mit diesen Anspruchsgrundlagen offen gegenüberstehen. Denn häufig behauptet der Auftragnehmer, der Bauleiter des Auftraggebers habe die Zusatzleistung, womöglich auch noch mündlich, angeordnet. Dann darf man sich im Prozess auf eine umfangreiche Beweisaufnahme zu dieser vermeintlichen Anordnung einstellen.
Eine hilfsweise Argumentation dahingehend, die Zusatzleistung sei aber jedenfalls technisch erforderlich und entspreche damit ohnehin den Willen des Auftraggebers, mag da durchaus hilfreich sein.
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