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Wie lange können im selbständigen Beweisverfahren Fragen an den Sachverständigen gestellt werden?

03.04.2014 

1. Nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens kann eine Anhörung des Sachverständigen oder Ergänzung des Gutachtens durch den Sachverständigen nicht mehr verlangt werden.

2. Haben die Parteien rechtzeitig Einwendungen gegen das im selbständigen Beweisverfahren erstattete Gutachten erhoben, ist - sofern nicht eine weitere Beweisaufnahme stattfindet - das selbständige Beweisverfahren jedenfalls dann beendet, wenn der mit der Beweisaufnahme befasste Richter zum Ausdruck bringt, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht stattfindet und dagegen innerhalb angemessener Frist keine Einwände erhoben werden.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 02.01.2014 - 10 W 34/13


Problem/Sachverhalt
In einem selbständigen Beweisverfahren wurden die den Beteiligten mit Übersendung des Gutachtens gesetzten Fristen mehrfach verlängert. Die beiden Antragsgegner brachten Einwendungen gegen das Gutachten vor, worauf das Landgericht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen gab, ob an den Sachverständigen ergänzende Fragen gerichtet werden sollten; andernfalls werde das Verfahren als abgeschlossen behandelt. Nachdem innerhalb der gesetzten Frist keine Reaktion erfolgte, erfolgte Streitwertfestsetzung. Drei Monate später stellte eine Antragsgegnerin Fragen an den Sachverständigen und beantragte, ihm aufzugeben, diese in einem schriftlichen Ergänzungsgutachten zu beantworten. Das Landgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass das selbständige Beweisverfahren beendet sei.


Entscheidung
Die sofortige Beschwerde ist unbegründet, da das Landgericht zu Recht die Fortsetzung des selbständigen Beweisverfahrens abgelehnt hat. Denn das selbständige Beweisverfahren war jedenfalls mit Ablauf von einem Monat beendet, nachdem das Gericht durch Verfügung vom 14.03.2013 zum Ausdruck gebracht hatte, dass keine weitere Beweisaufnahme stattfinden werde. Ein selbständiges Beweisverfahren ist beendet, wenn die Beweissicherung sachlich erledigt ist. Erfolgt die Beweiserhebung durch ein schriftliches Sachverständigengutachten, ist das selbständige Beweisverfahren mit dessen Übersendung an die Parteien beendet, wenn weder das Gericht nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme gesetzt hat, noch die Parteien innerhalb eines angemessenen Zeitraums Einwendungen dagegen oder das Gutachten betreffende Anträge oder Ergänzungsfragen mitteilen. Haben die Parteien rechtzeitig Einwendungen gegen das im selbständigen Beweisverfahren erstattete Gutachten erhoben, ist - sofern nicht eine weitere Beweisaufnahme stattfindet - das selbständige Beweisverfahren jedenfalls dann beendet, wenn der mit der Beweisaufnahme befasste Richter zum Ausdruck bringt, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht stattfindet und dagegen innerhalb angemessener Frist keine Einwände erhoben werden. Der Einzelrichter hat mit Verfügung vom 14.03.2013 darauf hingewiesen, dass innerhalb der hierfür gesetzten Frist keine ergänzenden Fragen an den Sachverständigen vorgebracht worden seien, weshalb nun der Streitwert festzusetzen sei. Damit wurde hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass keine weitere Beweisaufnahme stattfinden werde. Als angemessener Zeitraum, innerhalb dessen eine Reaktion auf diese Verfügung zu erwarten war, ist angesichts des seit der Übersendung des Gutachtens durch Verfügung vom 17.12.2012 verstrichenen Zeitraums maximal ein Monat anzusehen. Das selbständige Beweisverfahren war somit beendet, als mit dem am 02.07.2013 eingegangenen Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten weitere Einwände gegen das Gutachten vorgebracht wurden.


Praxishinweis
Die Frage, wann ein Beweisverfahren beendet ist, hat erhebliche praktische Bedeutung. Wenn - wie häufig - das Beweisverfahren zur Hemmung der Verjährung von Mängelansprüchen dienen soll, so endet diese Hemmung 6 Monate nach Beendigung des Beweisverfahrens, § 206 Abs. 2 BGB. Falsche Vorstellungen über die Beendigung können somit zum Verjährungseintritt führen.
Ich weise überdies darauf hin, dass ein Beweisverfahren für verschiedene Mangelgruppen, insbesondere bei mehreren Gutachtern unterschiedlicher Fachbereiche, zu separaten Beendigungen des Beweisverfahrens bzgl. einzelnen Mängel führenkönnen, was ebenfalls häufig übersehen wird.

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