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Wann wird im VOB-Bauvertrag die Schlußzahlung fällig, wann beginn ihre Verjährung?

11.07.2014 

1. Die Verjährung des Vergütungsanspruchs beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem die Fälligkeit eintritt. Voraussetzungen für die Fälligkeit im VOB-Vertrag sind die Abnahme, der Zugang einer prüfbaren

Schlussrechnung und der Ablauf der zweimonatigen Prüffrist. Wird die Rechnung bereits vor Fristablauf geprüft und festgestellt, tritt die Fälligkeit entsprechend früher ein.
2. Die Schlussrechnung kann die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs nicht auslösen, wenn sie nicht prüfbar ist. Das gilt allerdings nur dann, wenn der Auftraggeber die fehlende Prüfbarkeit innerhalb der zweimonatigen Frist rügt. Sonst wird die Werklohnforderung auch bei nicht prüfbarer Rechnung fällig.
3. Prüft der Auftraggeber die Schlussrechnung und hält er die geltend gemachte Forderung für nicht berechtigt, liegt darin keine Rüge der mangelnden Prüfbarkeit. Die Rüge der fehlenden Prüfbarkeit muss dem Auftragnehmer vielmehr unmissverständlich verdeutlichen, dass der Bauherr nicht bereit ist, in die sachliche Auseinandersetzung einzutreten, solange er keine prüfbare Rechnung erhalten hat.

OLG Frankfurt, Urteil vom 20.04.2014 – 6 U 124/13

Der Sachverhalt:
AG und AN schließen im Jahr 1999 einen VOB-Bauvertrag. Nach Abnahme im Jahr 2003 legt der AN am 06.02.2006 die Schlussrechnung über einen Restbetrag in Höhe von rund 1 Mio. EUR vor. Der AG prüft die Schlussrechnung innerhalb von zwei Monaten und teilt dem AN am 01.04.2006 mit, dass kein weiterer Zahlungsanspruch besteht. Es wird über die Schlussrechnungsforderung korrespondiert. Der AN sendet dem AG Unterlagen zur Prüfung zu. Im April 2007 zahlt der AG weitere 76.000 EUR. Mitte 2011 macht der AN rund 166.000 EUR aus der Schlussrechnung gerichtlich geltend. Der AG beruft sich auf Verjährung. Das Landgericht weist die Klage wegen Verjährung ab. Der AN zieht vor das OLG.

Die Entscheidung:
Mit Erfolg – aber nur, weil das Landgericht vom AN behauptete Verjährungshemmungen nicht geprüft hat Das OLG hebt das Urteil auf und verweist den Rechtsstreit an das Landgericht zurück. Der Lauf der Verjährung beginnt am Schluss des Jahres in dem Fälligkeit eintritt. Voraussetzungen für die Fälligkeit im VOB-Vertrag sind die Abnahme, der Zugang einer prüfbaren Schlussrechnung und der Ablauf der zweimonatigen Prüffrist. Wird die Rechnung bereits vor Fristablauf geprüft, tritt die Fälligkeit entsprechend früher ein. Dies war hier am 01.04.2006 zu dem Zeitpunkt, als der AG, wenige Tage vor Ablauf der zweimonatigen Prüffrist, das Ergebnis der Schlussrechnungsprüfung mitteilte. Im Hinweis des AG, dass keine berechtigten Zahlungsansprüche bestehen, liegt keine Rüge der fehlenden Prüfbarkeit. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass er nach Übersendung weiterer Unterlagen in 2007 noch eine Nachzahlung geleistet hat. Die Rüge der fehlenden Prüfbarkeit muss dem Auftragnehmer nämlich unmissverständlich verdeutlichen, dass der Auftraggeber nicht bereit ist, in die sachliche Auseinandersetzung einzutreten, solange er keine prüfbare Rechnung erhalten hat.

RA Jungs Nachtrag:
Zur Entscheidung ist zweierlei festzuhalten:

1.
Die obigen Grundsätze zu dem Themenkomplex „Prüfbarkeit einer Schlussrechnung – Prüffrist - Fälligkeit der Schlusszahlung - Eintritt der Verjährung der Schlusszahlung“ sind absolut nichts Neues und Selbstverständlichkeiten. Sie gehören zum notwendigen Rüstzeug der Bauvertragsbeteiligten.

Warum wird die Entscheidung dann von mir überhaupt präsentiert?

Weil man gar nicht oft genug darauf hinweisen kann! Zur Entscheidung ist daher nichts weiter auszuführen, bitte verinnerlichen Sie die Grundsätze aus den Leitsätzen.

2.
Ist Ihnen überdies etwas aufgefallen? Dem Auftragnehmer in dem Sachverhalt muss erkennbar bewusst gewesen sein, dass er ein Verjährungsproblem hat, als er Klage erhob. Seine letzte Rettung konnte daher nur sein, die fehlende Prüffähigkeit seiner eigenen Schlussrechnung zu behaupten und darüber hinaus darzulegen, der Auftraggeber habe sich auch auf die fehlende Prüffähigkeit berufen (hier angeblich mündlich) – dann wird die Schlußzahlung nämlich überhaupt nicht fällig und es kommt auch keine Verjährung in Betracht. Dieses Konstrukt bricht in der Regel zusammen, wenn der Auftraggeber in die materielle Prüfung der Schlussrechnung einsteigt, sich also inhaltlich mit ihr befaßt, zum Beispiel mit der Abrechenbarkeit von Positionen oder dem Bestreiten bestimmter Massen.

Ergo: Die Bauvertragsbeteiligten, hier insbesondere diejenigen auf Seiten des Auftragnehmers, haben dringend eine Fristenkontrolle anzulegen, die mindestens umfassen muss: Zugang der Schlussrechnung, Ablauf der Prüffrist, tatsächliche Prüfung, Kontrolle der Einlegung eines Vorbehaltes im Sinne des § 16 Abs. 3 Nr. 5 VOB/B, Eintritt der Fälligkeit (und natürlich auch des Verzuges), Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist für die Schlusszahlung (immer Ultimo-Verjährung zum 31.12.).

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