Ohne Bedenkenanmeldung haftet der Auftragnehmer auch für Planungsfehler des Architekten.
1. Ein Mangel liegt selbst dann vor, wenn die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit auf der vom Auftraggeber erstellten Planung beruht.
2. Allerdings kann sich der Auftragnehmer von seiner Haftung befreien, wenn die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit nicht in seiner Sphäre liegt. Dies ist dann der Fall, (1) wenn der Auftragnehmer seinen Prüfungs- und Hinweispflichten nachgekommen ist, (2) wenn keine Hinweispflicht besteht, weil er die Ungeeignetheit der Planung bei der gebotenen Prüfung mit dem von ihm zu erwartenden Fachwissen nicht erkennen kann oder (3) wenn im Einzelfall feststeht, dass der unterlassene Hinweis sich nicht ausgewirkt hat.
OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 - 10 U 80/23
Sachverhalt:
Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit der Herstellung eines Gefälleestrichs für seine Terrasse, die mit Naturstein belegt wird. Der Auftragnehmer erstellt den Estrich mit einem Gefälle von 0,9 %, wohingegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik ein Gefälle von 3 % vorgeben.
Der Auftraggeber macht daher einen Mängelanspruch geltend, und zwar in Form des Kostenvorschussanspruchs für die Mängelbeseitigung.
Der Auftragnehmer wendet ein, er hafte nicht für den Mangel, da nach der Planung des Architekten unter Berücksichtigung der weiteren Aufbauhöhe der über dem Estrich liegenden Bauteile das Niveau der Eingangsschwelle zur Terrassentür nicht überschritten werden sollte. Bei einem Gefälle von 3% hätte er diese Vorgaben nicht einhalten können.
Entscheidung:
Der Auftraggeber gewinnt. Das Gefälle von nur 0,9 % stellt einen Mangel dar. Es nutzt dem Auftragnehmer auch nichts, dass diesbezüglich auch ein Planungsmangel des Architekten vorliegt.
Denn diesen Planungsmangel konnte der Auftragnehmer erkennen. In der Folge hätte er gegenüber dem Auftraggeber einen Bedenkenhinweis erteilen müssen, um sich von der Haftung zu befreien. Das hat er indes nicht getan.
RA Jungs Anmerkungen:
Die Abgabe eines Bedenkenhinweises ist eine der wichtigsten Willenserklärungen des Auftragnehmers im Bauverlauf. In der Praxis wird trotzdem hiergegen häufig verstoßen, mit für den Auftragnehmer desaströsen Rechtsfolgen.
Denn der Auftragnehmer haftet dann für Umstände mit, die eigentlich Bereiche anderer Beteiligter betreffen.
Der Pflicht zur Abgabe eines Bedenkenhinweises liegt eine Prüfpflicht zugrunde. Zu prüfen sind die vorgesehene Art der Ausführung, also auch die Planung, die vom Auftraggeber gelieferten Stoffe und Bauteile und die Vorunternehmerleistungen. Die Prüfpflichten sind aber nicht in allen drei Bereichen gleich intensiv. Am höchsten ist die Prüfpflicht bei vom Auftraggeber gelieferten Stoffen und Bauteilen, geringer ist sie bei Vorunternehmerleistungen und am geringsten bei der vorgesehenen Art der Ausführung, insbesondere im Bereich der Planung.
Bei Bedenkenhinweisen, welche die Planung des Architekten betreffen, hat der Auftragnehmer den Bedenkenhinweis überdies stets an den Auftraggeber selbst zu richten, aus nachvollziehbaren Gründen. Er kann nicht davon ausgehen, dass der Planer, dessen Planung bemängelt wird, diesen Bedenkenhinweis auch an den Auftraggeber weiterleitet.