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Kein Aushandeln durch Ankreuzmöglichkeit

11.04.2025 

1. Aushandeln setzt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung mehr als Verhandeln voraus. Der Verwender muss den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumen.

2. Werden der anderen Vertragspartei durch die vorformulierten Vertragsbedingungen Wahlmöglichkeiten eröffnet, zwischen denen sie sich durch Ankreuzen oder Streichen zu entscheiden hat, genügt dies allein nicht für ein Aushandeln.

 

OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.03.2025 - 23 U 138/23

 

Sachverhalt:

In einem vom Auftraggeber gestellten Bauvertragsformular ist geregelt, dass der Auftraggeber 10 % der Netto-Abschlagszahlungen als Vertragserfüllungssicherheit einbehalten darf, ablösbar durch eine Vertragserfüllungsbürgschaft in gleicher Höhe und dass die Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern ausgestellt sein muss.

Hinsichtlich dieser Regelungen ist eine Auswahlmöglichkeit „Ja/Nein“ vorgedruckt. Bei beidem ist das „Nein“ gestrichen worden.

Der Auftraggeber meint, die Klausel über die Vertragserfüllungssicherheit sei individuell ausgehandelt worden, da der Auftragnehmer selbst durch seine Streichungen das „Ja“ gewählt habe.

 

Entscheidung:

Das OLG Düsseldorf entscheidet, dass es für die Annahme, die gewählten Möglichkeiten seien im Einzelnen ausgehandelt worden und würden somit eine Individualvereinbarung darstellen, nicht ausreicht, wenn der Verwender des Formulars des Bauvertrages der anderen Partei Wahlmöglichkeiten eröffne, zwischen denen sie sich durch Ankreuzen oder Streichen zu entscheiden hat.

Ein Aushandeln setzt nämlich mehr voraus als ein Verhandeln. Der Verwender der AGB muss den enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumen.

Das ist durch die Ankreuzmöglichkeit aber nicht gegeben.

 

RA Jungs Anmerkungen:

Nach § 17 Abs. 4 Satz 3 VOB/B darf der Auftraggeber keine Bürgschaft verlangen, die den Bürgen zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet. Das kann nur im Rahmen einer Individualvereinbarung zwischen den Parteien geregelt werden.

Zugespitzt ausgesagt kann man festhalten, dass gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung praktisch alles, was insbesondere vom Auftraggeber an Vertragswerken und Vertragsunterlagen gestellt wird, als allgemeine Geschäftsbedingungen zu gelten hat.

Fälle, in denen tatsächlich einmal eine Individualvereinbarung vorliegt, die sich nicht an den Beschränkungen der Wirksamkeitskontrolle nach den Regelungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen messen lassen muss, muss man mit der Lupe suchen.

Seit einiger Zeit versuchen Auftraggeber, Individualvereinbarungen dadurch vorzutäuschen, dass der gesamte Vertragstext in ein Verhandlungsprotokoll gedruckt wird und dort Lückentexte entstehen. Auch das sind AGB.

Gleiches gilt sogar für vom Auftraggeber (oder auch vom Auftragnehmer) vorgedruckte Abnahmeprotokolle. Auch das sind AGB.

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