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Baumangel ist nicht automatisch Anscheinsbeweis für Bauüberwachungsmangel des Architekten

03.04.2014 

1. Der bauaufsichtführende Architekt ist nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten. Er muss jedoch die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden.

2. Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet. Besondere Aufmerksamkeit hat der Architekt auch solchen Baumaßnahmen zu widmen, bei denen sich im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben.

3. Der Beweis für eine Pflichtverletzung des bauüberwachenden Architekten obliegt grundsätzlich dem Auftraggeber. Allerdings kann dieser Nachweis durch einen Anscheinsbeweis erleichtert werden. Das ist der Fall, wenn im Hinblick auf Art, Schwere und Erkennbarkeit der Mängel ein typischer Geschehensablauf anzunehmen ist, der dafür spricht, dass die Überwachung durch den Architekten mangelhaft ist. Dann ist es Sache des Architekten, diesen Anscheinsbeweis zu erschüttern und darzutun, dass er hinreichende Überwachungsleistungen erbracht hat.
OLG Köln, Beschluss vom 20.01.2014 - 11 U 116/13

 


Der Sachverhalt

Ein Architekt wird mit der Überwachung einer Dachsanierung beauftragt. Im Nachgang zeigen sich Wasserblasen, verschobene Dämmplatten sowie Verklebungs- und Verschweißungsmängel. Der Architekt macht geltend, während der Sanierungsarbeiten ganztägig auf der Baustelle anwesend gewesen zu sein und keine Anhaltspunkte für Beanstandungen gefunden zu haben. Der Auftraggeber  verweist auf die baulichen Mängel und darauf, dass diese für Versäumnisse des Architekten sprechen. Insofern müsse dieser beweisen, dass er keine Fehler begangen habe. Der Auftraggeber  verlangt Schadensersatz.


Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Der Nachweis einer Pflichtverletzung - den grundsätzlich der AG zu erbringen hat - kann durch einen Anscheinsbeweis erleichtert werden. Dies ist dann der Fall, wenn im Hinblick auf Art, Schwere und Erkennbarkeit der Mängel ein typischer Geschehensablauf anzunehmen ist, der dafür spricht, dass die Überwachung durch den Architekten mangelhaft ist. Aufgrund der Charakteristik der Mängel bzw. deren Häufigkeit im konkreten Fall kann nicht angenommen werden, dass die Mängel vor oder während der Abnahme erkennbar gewesen sind, weshalb ein erster Anschein nicht anzunehmen ist. Außerdem hätte eine Verletzung der Bauüberwachungspflicht konkret belegt werden müssen, da der Architekt die Erfüllung der gebotenen Bauüberwachung hinreichend dargetan hat.


Praxishinweis
Die Unterscheidung in handwerkliche Selbstverständlichkeiten, bei denen regelmäßig eine stichprobenhafte Überwachung ausreicht, und in überwachungsintensive schwierige, gefahrträchtige oder kritische Bauleistungen, ist an sich ein alter Hut. Erstaunlich ist vielmehr, dass viele Bauleiter die Unterschiede gar nicht kennen und somit nicht wissen, welcher zeitliche Umfang der Bauaufsicht von Ihnen zu verlangen ist. An dieser Stelle kann nur beispielhaft erwähnt werden, dass Isolier- und Abdichtungsarbeiten, Dachdeckerarbeiten, Dränagearbeiten oder Schall- und Wärmeisolierungsarbeiten nach der Rechtsprechung zu den schwierigen oder gefahrträchtigen Arbeiten zählen und daher intensiv zu überwachen sind.

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